Jazz und Literatur, die im heutigen Russland auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, kommen auf einer Bühne zusammen.
Am 22. April 2017 präsentierte die Künstlergruppe „Quadrat“ eine einzigartige Aufführung in unserer Galerie nach dem Werk von Vladimir Sorokin, dem in Russlands meist bekanntesten Alternativschriftsteller.
Das Theaterstück „Die Rede des Staatsanwalts“, welches auf einem frühen Roman Sorokins „Die Norm“ basiert, schließt sowohl das Schauspielen, als auch Jazz-Improvisation mit ein. Auf der Bühne ist nur ein Schauspieler zu sehen: der Ankläger, der Geschichte des Angeklagten erzählt. Die Rolle des Befürworters übernimmt ein Musiker mit einem einzigen Instrument – Schlagzeug.
Absurdes Gerichtsverfahren, in dem ein Mensch für seine Kunstvorlieben angeklagt wird, wurde von Sorokin vor über 30 Jahren, in der Sowjetzeit, bereits beschrieben. Nun wird aber seine Aktualität zurückgeführt: im heutigen Russland verbrennen extremistische Patrioten Sorokins Bücher und nennen seine Werke „pornografisch und pervers“. Wie der Ankläger aus seinem Roman, meinen sie, dass diese Kunst keinen Platz auf der Erde haben sollte.
Aufführung in drei Akten zeigt in 45 Minuten dem Publikum ein surrealistisches Bild der neuen Hölle, wo Moral zur Diktatur, und eine Abweichung von der Norm zum Verbrechen wird. Schließlich wird der Zuschauer selbst zum Teilnehmer des Gerichtsprozesses und entscheidet, wie das finale Urteil sein wird.
Der Autor des Textes, Vladimir Sorokin (an dem Abend anwesend), wurde mit den Russischen Literaturpreisen von Andrej Belyj und „Bolschaja Kniga“ („Großes Buch“), sowie mit „Liberty Award“ (USA) und Preis des Deutschen Kulturministeriums ausgezeichnet.
Als Ankläger und Angeklagte tritt Gregory Kofman, ehemaliger Leiter des Russischen Theaters in Berlin, Dozent der Berliner Theaterakademie und Theaterschule in Wien, Veranstalter der von Brodsky, Pavic und Pasternak inspirierten Theaterprojekte, auf.
Der zweisprachige Schauspieler G. Kofman spielte „Die Rede des Hauptanklägers“ auf Deutsch.
Schlagzeug – Igor Prjahin, professioneller Musiker, Veranstalter und Teilnehmer der Blues- Funk-Soul-Jazz-Jam-Sessions in Berlin, Schlagzeuglehrer, der in verschiedenen Bands - von Blues bis zeitgenössischer Musik – tätig ist.